Zündstoff, der das Pulverfaß zum Bersten bringt
Brennpunkt Kiel
Kiel, Brennpunkt der Geschichte für einige
Tage. Kiel, Signal zur Revolution 1918. Vielleicht gar: Ohne Kiel keine
Revolution 1918?
Das erste und zweite, ja. Das dritte, nein. Die
Vorgeschichte zeigt die Hinfälligkeit des politischen Systems des
Kaiserreiches.
Kiel,
also Zufall der Geschichte? Insofern ja, als daß das III. Geschwader
ausgerechnet nach Kiel verlegt wurde. Dann aber hört der Zufall auf. Kiels
politische , wirtschaftliche und soziale Strukturen bargen den Zündstoff, der
das Pulverfass der Unzufriedenheit zum Bersten bringen konnte.
In der
kaiserlichen Werftstadt lebte die notwendige Arbeiterschaft, organisiert in der
Gewerkschaft, in der MSPD, dem Teil der Sozialdemokraten, die die Kriegskredite
mit getragen hatten, in der USPD, dem Teil, der sie ablehnte.
75% der
Bevölkerung gehörten zu der ärmeren Bevölkerung. Und genau diese Menschen waren
die Leidtragenden der seit Beginn des Krieges knappen Lebensmittelrationen. Die
Unzufriedenheit der Frauen führte bereits 1916 zu ersten Übergriffen auf die
Verkaufsstellen. Im März 1917 demonstrierten 17000 Menschen. Erste Forderungen
nach Frieden und Freiheit schwangen mit. Im Januar 1918 legten die Arbeiter in
den Torpedowerkstätten in Friedrichsort, eine USPD-Hochburg, die Arbeit
nieder.
Das war
die eine Seite. Auf der anderen Seite prägten die autoritären Strukturen des
Kaiserreiches das Bild. Das Kriegsrecht hatte Kiel in ein Gouvernement
verwandelt. Die oberste Verwaltungsbehörde war der Stationschef der
Marinestation. Er besaß weitgehende Entscheidungsbefugnisse, insbesondere die
Lebensmittelverteilung betreffend, und der bürgerlich konservative Magistrat
konnte dem wenig entgegen halten. Und gerade kurz vor den Novemberereignissen
löste Gouverneur Souchon, dem die Kieler Verhältnisse vollkommen unbekannt
waren, den alten erfahrenen kaiserlichen Vertreter Bachmann ab.
Günstige
Voraussetzungen für alle Beteiligten, um in Kiel Geschichte zu machen.
Foto oben: Kaiserliche Flotte 1918 - aus: Demokratische Geschichte III, (hg. vom Beirat für Geschichte der Arbeiterbwegung und Demokratie in Schleswig-Holstein), Kiel 1988, S. 249
Foto unten: Howaldtswerke Deutsche Werft