Lawine oder Schneeball ?

9. November 1918

Am 9. November herrschten noch einmal chaotische Zustände, weil Gerüchte über einen englischen Angriff umhergingen, was aber nicht der Wahrheit entsprach.
Noske war schnell klar geworden, dass der Dienstbetrieb ohne die Offiziere nicht möglich war.
Am Vortag hatte es eine erste Sitzung von Vertretern der Stationskommandos und der Obersten Soldatenrats gegeben, die versuchte, eine Einigung über das Verhältnis zwischen Offizieren und Mannschaften zu erzielen. Diese wurde am 9: November fortgesetzt, weil es zu keinem Ergebnis gekommen war. Der Konteradmiral Küsel und die Korvettenkapitäne Hollmann und Quaatz vertraten die Offiziere, Popp, Artelt und Riefstahl den Soldatenrat. Sie einigten sich auf die "Richtlinien zwischen Offizieren und Soldatenräten".Neun - Beerdigung.jpg (94887 Byte)
Demnach sollten Offiziere nur weiterarbeiten, wenn sie die Maßnahmen des Soldatenrates anerkannten. Autoritäre Umgangsformen, besonders außerhalb des Dienstes, wie beispielsweise der Grußzwang, wurden abgebaut. Die Offiziere setzten die Kommandogewalt im Dienst und Autorität in der Sache durch, der Soldatenrat gab ihnen damit die Möglichkeit, ihre Positionen zurückzugewinnen. Der letzte Punkt beweist die innere Schwäche des Soldatenrates: Er ließ eine Unterhöhlung seiner Stellung indirekt zu. Es fehlten ein festes Programm und klare Zielvorstellungen.
Die Richtlinien wurden am 17. November dahingehend ergänzt, daß dem Soldatenrat die entscheidende Instanz zufiel, was jedoch unbedeutend war, weil der Soldatenrat auf die Sachkompetenz der Offiziere angewiesen war, und die Engländer nicht mit Mitgliedern von Soldatenräten um einen Waffenstillstand verhandeln wollten.
Auch die Berliner Politik unterstütze den Soldatenrat nicht. So sorgte der Rat der Volksbeauftragten mit der Aufforderung nach militärischer Disziplin, Ruhe und straffer Ordnung für eine Wiederverfestigung der alten Befehlsstrukturen.
Letzendlich gelang es den Kieler Matrosen nur, einige innermilitärischen Mißstände zu beheben, von einer Reformierung der militärischen Strukturen konnte jedoch keine Rede sein. Der Führungsanspruch des Obersten Soldatenrates in Kiel war mit der Berliner Entwicklung hinfällig

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Abbildung oben: Volkszeitung, 9.11.18