Die Schüsse
3. November 1918
Am Sonntagmorgen des 3.November 1918 wurden weitere 57
Marinesoldaten und Heizer von Bord der Markgraf verhaftet. Die Situation
verschärfte sich.
Am Nachmittag zwischen 15.30 und 16.00 Uhr versuchte die
örtliche Marineführung mit einem Stadtalarm alle Landgänger auf die Schiffe zu
holen: Die Teilnahme an der kommenden Versammlung sollte verhindert werden. Doch
die Kieler Zivilbevölkerung wurde auf die angespannte Situation bei der Marine
aufmerksam. Die Matrosen versammelten sich trotz des Alarms gegen 17.30 Uhr mit
mehr als 5000 Teilnehmern, darunter auch Zivilisten, auf dem Exerzierplatz im
Vieburger Gehölz.
Nach dem Bekanntwerden der erneuten
Verhaftungen beschlossen die Versammelten spontan mit einem Demonstrationszug
durch die Stadt zu ziehen. Ihre erste Station war die
Waldwiese, eine am Ende des Vieburger Gehölzes untergebrachten
Kompanie. Mit einigen erbeuteten Gewehren aus der "Waldwiese"
marschierte der Zug über Rondeel und
Sophienblatt in Richtung Bahnhof. Es kam zu einem ersten
Handgemenge zwischen Demonstranten und einer Patrouille. Dieses Handgemenge am
Bahnhof forderte ein erstes Todesopfer: Eine Frau wurde bei dem
Tumult unter eine Straßenbahn gedrückt und erlitt dabei tödliche Verletzungen.
Die Demonstranten zogen weiter durch die Holstenstraße, über
den Markt und durch die Dänische Straße in die
Brunswiker Straße. Ihr Ziel war das Arresthaus in der
Feldstraße (Hinterhof Feldstr.5). In der Karlstraße (heute
nicht mehr existent: Anfang Feldstraße) wartete eine bewaffnete
Ausbildungskompanie. Sie eröffnete das Feuer auf die Demonstrationen. Blutiges
Resultat: sieben Tote und 39 Verletzte.
Gegen 23.00 Uhr fand eine
Krisensitzung im Stationsgebäude (Lornsenstraße) statt, bei der
die Ohnmacht sowohl der Station als auch des Gouverneurs Souchon deutlich wurde:
Es wurden keine Maßnahmen gegen die Anführer der Demonstration eingeleitet. Die
Reichsregierung unter Reichskanzler Prinz Max von Baden erfuhr erst zu diesem
späten Zeitpunkt von der Meuterei in Kiel.
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Foto links: Ecke Feldstraße / Langer Segen
Foto rechts: Ehemalige Marinestation, heute Oberfinanzdirektion